Deutsche Einheit - postmodern? Zum Umgang mit dem "Erbe" und zu drei Essays im SPIEGEL (Strauß, Walser, Enzensberger, 1994)

 

 

Die friedliche Wiedervereinigung hat Wunden hinterlassen oder aufgetan. Das ist, vom heutigen Standpunkt aus betrachtet, nichts Besonderes, wurde auch von den verschiedensten Seiten vorher bereits angekündigt (besonders deutlich und schnell z.B. von Oskar Lafontaine). Man dürfte sich über die derzeitige Situation eigentlich nicht wundern. Es ist nichts Außergewöhnliches passiert. Ein historisches Ereignis, sicher. Aber histori­sche Ereignisse zeichnen sich ja dadurch aus, daß sie nicht jeden Tag vor­kommen und schon gar nicht auf Wunsch oder Befehl von einer Person oder Personengruppe. Das wissend, und zwar in derart komplexen Theorien, Hypothesen oder bloßen Vermutungen in unzähligen Varianten bearbeitet, daß selbst die Wissenschaftler und Experten oft schon Schwierigkeiten haben, sich darin zurechtzufinden, dies ganze also schon lange über strukturalistische, postmoderne, dekonstruktivistische Systeme Aufgenommene, läßt es um so erstaunlicher erscheinen, daß bei der ganzen sehr heftig geführten und inzwischen doch schon über drei Jahre andau­ernden Diskussion der gesamtdeutschen Intelligenz um gemeinsame Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, ein kompletter Traditionsstrom der deutschen Kulturgeschichte ausgeblendet wurde und wird. Es geht im folgenden vor allem um dieses Nicht-Vorhandensein von etwas, was bis vor kurzem, zumindest in der Literaturdiskussion, unabhängig von der je­weiligen Einschätzung, doch zum Fundament einer deutschen Literaturge-schichtsschreibung gezählt wurde. Klar ist auch, daß ein Begriff wie "linkes, fortschrittliches oder aufgeklärtes Anliegen" an die Literatur, heute schon eher einem Kabarett-Programm als einer kurzen Abhandlung entstammen müßte. Trotzdem scheint die folgende Frage interessant zu bleiben: Was ist aus der ganzen "linken" Tradition in der Literatur aber auch in deren Rezipienten und Verbreitungsinstitutionen geworden? Warum sind da ganz plötzlich, aber meist in aller Stille, viele Namen aus dem Diskurs der Intelligentia, der Intellektuellen, der Künstler und der dazugehörigen Medien verabschiedet worden? Man kann etwas ablehnen, indem man sich damit auseinandersetzt oder indem man es einfach ignoriert. Letzteres scheint bei diesem Thema bisher der Fall zu sein.

 

"Und wehe dem Fremdling, der aus Liebe wandert, und zu solch einem Volke kömmt, und dreifach wehe dem, der, so wie ich, von großem Schmerz getrieben, ein Bettler meiner Art, zu solchem Volke kömmt!"(1)

 

In seinem letzten Buch "Aussichten auf den Bürgerkrieg"(2) rechnet H.M. Enzensberger mit dem neuen Zeitalter gründlich auf und ab. Von jeman­dem, der sich seit gut drei Jahrzehnten intensiv mit der jeweiligen Lage der Nation auseinandergesetzt hat, nicht immer auf Zustimmung sto­ßend aber immer auf Respekt vor der gründlichen Recherchier- und Denkarbeit, von einem der führenden Köpfe der intellektuellen Szene in Deutschland, sollte man sich einiges erwarten. "Tiere kämpfen, aber sie führen keine Kriege. Der Mensch ist der einzige unter den Primaten, der die Tötung seiner Artgenossen planvoll, in größerem Maß und enthusiastisch betreibt."(3) So beginnt Enzensberger seine verhaltenstheoretischen Überlegungen. Man ist versucht, diesen doch recht hilflosen Zeilen ein paar andere, nicht weniger hilflose, aber mit anderen Vorzeichen, entgegenzuhalten: "Edel sei der Mensch,/ Hülfreich und gut!/ Denn das al­lein/ Unterscheidet ihn/ Vor allen Wesen/ Die wir kennen"(4) oder diese: "Kurz, das Tier benutzt die äußere Natur bloß und bringt Änderungen in ihr einfach durch seine Anwesenheit zustande; der Mensch macht sie durch seine Änderungen seinen Zwecken dienstbar, beherrscht sie. Und das ist der letzte, wesentliche Unterschied des Menschen von den übrigen Tieren ...".(5)

Die Entdeckung des Bösen scheint eine neue Qualität einiger deutscher Literaten nach der "friedlichen Revolution" zu werden. Das Böse an sich ist bekanntlich stark und roh, und wer unter den Primaten ist das wohl? Die Jugend natürlich(6). "Die Täter sind fast ausschließlich junge Männer"(7) statuiert Enzensberger und, sich ironisch auf soziopsychologische Erklärungsmuster der Gewalt beziehend, "Schuld ist nie der Täter, immer die Umgebung"(8), womit er sich in einer geradezu orakelhaften Symbiose (in SPIEGEL-Vorabdrucken) mit Botho Strauß trifft(9) und jenen Recht zu geben scheint, die behaupten, daß sich heute mit Begriffen wie "links" und "rechts" nichts mehr anfangen ließe.

Wim Wenders pries in seiner kleinen Dankesansprache bei dem diesjähri­gen "International Tokyo Filmfestival" seinen außer Bewerb laufenden Streifen "In weiter Ferne, so nah"(10) als "blutfrei" an und ver­dammte die Gewalt und Rohheit, die er in all den anderen Filmen des Festivals als Jurymitglied sich habe ansehen müssen. Daß es sich dabei hauptsächlich um Werke junger Regiesseure handelte, darf nicht verwun­dern.

Martin Walser begegnet dieser Jugend wesentlich differenzierter, fordert auf zum Dialog, will Öffnung nach rechts. "Man muß die eigenen Kinder an­nehmen, auch wenn sie sich ins Unerträgliche entwickelt haben. Dann erst recht."(11) Bei aller guten Absicht: auch Walser verfällt demselben Erklärungsmuster für die steigende Gewalt in Deutschland. Die Jugend, und zwar die gesamte, wird zum Träger und Vollstrecker der neuen Apokalypse, kein Hinweis auf mitbeteiligte Erwachsene oder gar Organisationen, die buchstäblich schon seit Jahrzehnten rechtsextremisti­sches Gedankengut verbreiten, lange Zeit unbehelligt von den öffentlichen Organen geduldet, von "Erwachsenen" geleitet(12). Es scheint so, daß sich Enzensberger und Walser intern gegen die eigenen Reihen richten, um auf Fehlentwicklungen der Intellektuellen in den letzten Jahren aufmerksam zu machen. Es lesen sich diese Texte wie eine Abrechnung mit den Stammtischbrüdern, mit denen man eine gute Hälte des Lebens verbracht hat, die sich jetzt aber als öder, langweiliger Haufen erweisen. Das wäre legitim und würde niemanden stören, blieben diese Auseinandersetzungen innerhalb des Vereins. Die Austragung des Konklikts in der Öffentlichkeit verleiht diesem Diskurs sozusagen zusätzliche Wahrheitsansprüche, die nicht eingelöst werden können.

Botho Strauß' Text ist inzwischen auch in der zumindest erzkonservativen Zeitschrift "Pfahl" veröffentlicht worden, der Autor selbst wurde "in diesen Tagen von Schönhubers Flügeladjutant Armin Mohler als Neuzugang im Lager der Rechten begrüßt"(13). Daß diese drei doch sehr unterschiedlichen Autoren aus sehr verschiedenen Positionen zu einer einigermaßen ver­gleichbaren Einschätzung der deutschen Gesamtlage kommen, könnte ver­muten lassen, daß die Analyse im Großen und Ganzen zutrifft. Daß die drei in ihrer Einschätzung der "Jugend" nicht alleine stehen beweist auch ein in der ZEIT abgedruckter ganzseitiger Artikel von Klaus Hartung, worin u.a. zu lesen ist: "Aber wer heute über die Jugend spricht, muß von den Mördern mit den Brandflaschen reden."(14) Diese Anzeichen scheinen dafür zu spre­chen, daß es bei dieser Diskussion weniger um "die Jugend" als vielmehr um den Umgang der saturierten, durch hi-storische Ereignisse kurzfristig irritierten Vätergeneration mit den Nachkommen geht, ein typischer Generationenkonflikt also, wie es seit den inzwischen fast schon legendären 68ern keinen mehr gegeben hat. Für eine solche These spricht auch ein Faktor, der allen bisher erwähnten Texten eigen ist: das Prinzip der Ungenauigkeit, der Unschärfe. Enzensberger gibt z.B. den Anteil des Rüstungsexports am Welthandel mit 0,006%(15) an, was zwar sehr präzise aussieht aber genauso falsch zitiert ist(16). Ebenso verschweigt er, daß z.B. die damalige BRD "einer der wenigen Staaten (war), die ihre Rüstungsexporte 1990 erhöhten (Anstieg 31%)"(17). Bei Strauß ist Unschärfe seit jeher schon ein ästhetisches Kriterium , z.B.: "Rechts zu sein, nicht aus billiger Überzeugung, aus gemeinen Absichten, sondern von gan­zem Wesen, das ist, die Übermacht einer Erinnerung zu erleben, die den Menschen erschüttert, weniger den Staatsbürger, die ihn vereinsamt und erschüttert inmitten der modernen, aufgeklärten Verhältnisse."(18) Eine existentialistische Rechte also, oder ein rechter Existenzialismus. Und Walser verbreitet auch 1993 noch tapfer die These von der Schuld des zu­grundegegangenen Staatskapitalismus an den deutschen Zuständen: "Ohne die ins Wohlstandsgebiet (sic!) hereinschwappende Not gäbe es keine Radikalisierung, die sich in diesen grauenvollen Brandstiftungen austobt."(19) Die Intellektuellen, und als solche müssen sie in diesen Texten begriffen werden, weniger als Schriftsteller oder Poeten, da diese Texte ganz eindeutig als keine poetischen Werke konzipiert worden sind, sie also machen hier genau das, was ihrem Anliegen widerspricht: sie sind ungenau, verschwommen. Und da angenommen werden darf, daß es sich hierbei um brilliant denkende und analysierende Köpfe handelt, drängt sich zwangsläufig der Verdacht der vorsätzlichen Ungenauigkeit auf.

 

II.

"Es ist doch ein Jammer was die lächerlichsten Dinge für Folgen haben kön­nen. Anfangs amüsierte es einem die alten Esel wie kleine Buben spielen zu sehen, - und jetzt ist Alles verzweifelt ernsthaft."(20)

 

Generationenkonflikte sind ungleiche. Jene, die nach dem bisher gelebten Leben ihre Energien schwinden sehen und sich allmählich der "besseren" Zeiten zu erinnern beginnen, werfen den anderen deren Jugend vor. Die Jugend kann zwangsläufig auf solche Argumente nicht eingehen. Sowenig es jedoch "die Alten" gibt, sowenig läßt sich auch über "die Jugend" aussa­gen. Wären solch einfache Zuordnungssysteme möglich, wäre "die Welt" wohl schnell erklärt.

Generationenkonflikte sind nach wie vor eine männliche Domäne. "Die Väter" stehen "den Söhnen" gegenüber. "Mütter" und "Töchter haben in diesem Schauspiel keine Rolle. "Die Rolle der Frau bei der deutschen Wiedervereinigung" ist kein Thema. Zumindest nicht im Diskurs der oben zitierten Autoren. Die Dramaturgie ist bekannt: Der Rückgriff auf alte, nicht mehr überprüf- und kaum noch brauchbare Muster und Wertmaßstäbe suggeriert Vertrautheit, Sicherheit und Tradition. Enzensberberger schreibt: "Im Vergleich zu den heutigen waren frühere Täter gläubige Menschen. Sie legten den größten Wert darauf, im Namen irgendwelcher Ideale zu töten und zu sterben ... Den heutigen Tätern scheint das entbehr­lich. Was an   ihnen auffällt, ist das Fehlen aller Überzeugungen."(21) Man möchte hoffen, daß das nicht so gemeint war, wie es dann geschrieben wurde. Abgesehen davon, daß hier unmißverständlich ausgedrückt wird, die heutige Jugend (die deutsche, die westliche, die ganze?) hätte keine Ideale, wird gleichzeitig noch schnell suggeriert, alle früheren Täter hätten "Ideale" gehabt und wären dafür auch noch gerne gestorben. Das ist eine Verhöhnung aller Ideale und all der Toten, von denen die wenigsten aus Überzeugung gestorben sind. Fazit: Die randalierende und mordende SS-Truppe hatte wenigstens noch so etwas wie Ehre, heute gibt es nur noch Gewalt pur.

Die Reduktion komplexer Vorgänge auf einfache Plus-Minus-Gleichungen, der direkte oder indirekte Hinweis auf eine nicht näher definierte "gute, bessere" Vergangenheit, ein unreflektierter Kulturpessimismus können als Zeichen für Abkapselung und Konfliktscheue gelesen werden. Die Väter ha­ben begonnen, der Jugend die Welt zu erklären. Gelassen, mit erhobenem Zeigefinger.

Als Medium dieser gesinnungslosen aber gewalttätigen Jugend wird ein­deutig das Fernsehen entlarvt. "Das Regime der telekratischen Öffentlichkeit ist die unblutigste Gewaltherrschaft und zugleich der umfas­sendste Totalitarismus der Geschichte"(22) konstatiert Strauß, "...im Fernsehkrawall schlägt der Atavismus (der Medien) voll durch. Da kann (...) gar nicht genug Brutalität und Brand aus Hollywood importiert wer­den"(23) pflichtet Walser bei, weshalb dann auch Enzensberger folgerichtig urteilt: "So erhebt sich das korrupteste aller Medien, das Fernsehen, zur moralischen Instanz."(24) Es erscheint geradezu grotesk, daß alle drei Autoren ihre Arbeiten im SPIEGEL veröffentlicht haben, ohne sich auch nur einen einzigen Augenblick bei der Rolle dieses Mediums aufzuhalten(25). Darin ähneln sie jenem emsigen Wissenschaftler, der auf dem Computer eine Abhandlung über die katastrophalen Einwirkungen der elektronischen Datenverarbeitung auf die Psyche schreibt.

Eine völlig verödete Jugend muß bei den bereits mit dem eigenen Ende konfrontierten Vätern Endzeitvorstellungen evozieren. Das Ende der Geschichte, von Fukuyama deklamiert(26), als Schlagwort bestens zu ge­brauchen, weil es sich scheinbar leich verständlich, verdaubar und doch recht vielversprechend anhört, dieser angekündigte Anfang vom Ende, durch den gleichzeitig auch wieder alle düsteren Propheten von Spengler bis Jünger einen fröhlichen Aufstand feiern können(27), fügt sich bestens in die Argumentationskette unserer drei so verschiedenen Autoren. Den Utopien wird eine Abfuhr erteilt, die Geschichtsvisionen von Enzensberger lassen sich auf die magere Erkenntnis reduzieren: Nach dem Krieg kommt der Frieden, dann wieder ein Krieg, dann wieder ein Frieden usw., wodurch der im ganzen Buch verabscheute (Bürger)Krieg geradezu auf den letzten Seiten von Enzensbergers Buch eine vom Autor wohl nicht beabsichtigte zwingende logische und historische Stringenz erhält(28). "Zwischen den Kräften des Hergebrachten und denen des ständigen Fortbringens, Abservierens und Auslöschens wird es Krieg geben"(29) weiß Strauß. Bei Walser gibt es keinen Krieg als nächsten Schritt in der Weltgeschichte, doch empfiehlt er die Abkehr von den lange gültigen, relativ verbreiteten Idealen, um der Jugend entgegenzukommen: "Könnten wir nicht signalisie­ren, daß wir mit unserer Aufklärung, unserem Universalismus, unserer Utopie praktisch eher wenig anfangen?"(30) Womit wir dann aber im Alltag etwas anfangen, was unser Leben bildet, wie unsere Handlungen aussehen, darüber schweigt sich auch Walser aus. Das Ende des Denkens.

Man kann sich die Frage stellen, welchen Sinn es haben kann, derart kurze Texte so kleinlich miteinander vergleichen zu wollen, auseinanderzuneh­men und wieder neu zusammenzusetzen. Es scheint aber fast paradigma­tisch zu sein, daß in einer derart kurzen Zeitspanne (vom 8. Februar bis 21. Juni 1993) in dem wohl bekann- testen und einflußreichs­ten deutschen Nachrichtenmagazin so grundverschiedene Vetreter der deutschen Kulturszene zum Thema "deutsche Bestandsaufnahme" zu so verblüffend ähnlichen Resultaten gelangten.

 

III.

"Die Katholiken sitzen vor ihrer Hütte. Ein Heide geht vorbei und pfeift sich eins. Die Katholiken tuscheln: 'Der wird sich schön wundern, wenn er ein­mal stirbt!' Sie klopfen sich auf den Bauch   ihrer Frömmigkeit, denn sie haben einen Fahrschein, der Heide aber hat keinen, und er weiß es nicht einmal. Wie hochmütig Demut sein kann! - So verschieden ist es im men­schlichen Leben."(31)

 

Theoretische Erklärungen, wie von verschiedenen Positionen ausgehend zu ähnlichen Resultaten gelangt werden kann, ließen sich zwar beliebig viele anführen. Von der Chaostheorie über postmoderne Beliebigkeiten stünde eine breite Palette zur Verfügung. Pragmatisch vorzugehen hat aber noch immer seinen Reiz. Daß alle drei oben genannten Autoren die hier erwähn­ten Arbeiten im SPIEGEL abdrucken ließen bzw. vom SPIEGEL abgedruckt wurden, mögen jene als Zufall, als Zeichen der Zeit, als Zeitgeist ansehen, die der "Unabhängigkeit" von Medien noch immer Glauben schenken wollen. Liest man z.B. die Artikel von R. Augstein der letzten Jahre wieder, sind Linien erkennbar, Richtungsverweise, Kursbestimmungen. Spätestens seit dem Golfkrieg wird erkennbar, daß das Ansehen im Ausland, die neue Aufgabe in der Welt, Abwicklung der DDR, neue alte Ressentiments gegen­über Frankreich in erstaunlicher Regelmäßigkeit immer wieder zum Thema werden. Und die inzwischen schon zur Mode verkommene mitleidige Verhöhnung der sogenannten 68er, gewissermaßen ein Ritus der Selbstentthronisierung, da sich ein Großteil der heute meinungsbildenden Intellektuellen in dieser Bewegung entwickelt hat. Eine ganze Generation rechnet mit den Idealen der eigenen Jugendzeit ab, freilich ohne sich selbst dabei ins Spiel zu bringen. Anklage anstatt Reflexion oder Analyse als Methode. Der SPIEGEL ist ein Medium dieser Richtung, doch natürlich nicht das einzige. In dem Sammelband "Intellektuellendämme- rung?"(32), her­ausgegeben vom Feuilleton-Chef der NZZ Martin Meyer schreibt etwa Gert Mattenklott: "In fast jedem europäischen Land wird man heute ausgepräg­tere Symptome von Nationalismus finden als in Deutschland. In kaum ei­nem ist das Milieu so ideologiearm, geradezu antiseptisch geistfrei, wie dort."(33) Punkt. Nichts weiter zum Thema. Daß jemand noch 1992 solche Thesen vertritt, die weder zu beweisen, noch zu widerlegen, auf alle Fälle jedoch, derart reduziert, unhaltbar sind, dies, die "SPIEGEL-Linie" u.ä.m. sind doch eher Zeichen einer allgemeinen Konsolidierung konservativer Traditionen, denn einer postmodernen Orientierungslosigkeit.

Nationalismus ist also wieder zum Thema geworden. Daß der Begriff eine zeitgebundene Abstraktion ist, um einen Ausweg aus feudalen Überresten und einen neuen gangbaren Weg für die europäischen Gesellschaften zu finden, wußte bereits Ernest Renan im Jahre 1882: "Wir haben die meta­physischen und theologischen Abstraktionen aus der Politik vertrieben. Was bleibt noch? Es bleibt der Mensch, seine Würde, seine Bedürfnisse. Die Nationen aber sind nichts Ewiges. Sie haben einmal angefangen, sie werden enden. Die europäische Konföderation wird sie wahrscheinlich ablösen. Aber das ist nicht das Gesetz des Jahrhunderts, in dem wir leben."(34) Es scheint auch das Gesetz unseres Jahrhunderts zu sein. Europa ist für einen großen Teil der Europäer zum neuen Feindbild avanciert. "Die Eurokraten in Brüssel" ein beliebter Slogan für beliebige Aussagen. Daß dieser Nationalismus, der gewalttätige, kein der jeweiligen Nation spezifisches Thema, sondern ein gesamteuro- päisches Problem geworden ist, wird nur periphär zur Kenntnis genommen. Daß es daher dafür nur gesamteuropäi­sche Lösungen geben kann, sofern man sie überhaupt suchen will, scheint auf der Hand zu liegen. Die Rückkehr zu einem neudefinierten "Eurozentrismus" mutet unter diesen Umständen schon fast wieder wie eine fortschrittliche Utopie an. H.M. Enzensberger schreibt: "Für die Deutschen muß es heißen: Nicht Somalia ist unsere Priorität, sondern Hoyerswerda und Rostock, Mölln und Solingen. Dazu reichen unsere Handlungsmöglich- keiten, das ist jedem Einzelnen zuzumuten, dafür haben wir zu haften."(35) Priorität definiert er ein paar Seiten vorher folgender­maßen: "Also: das Wort Priorität bedeutet kein simples Entweder-Oder, auch nicht die Wahl zwischen Alternativen, die sich gegenseitig aus­schlie­ßen. Was muß zuerst geschehen? Wo kann ich meine Kräfte am Wirkungsvollsten einsetzen? Welchen Optionen ist der Vorrang einzuräu­men?"(36) Diese Haltung mag im ersten Moment einleuchtend wirken. Was aber soll dann wirklich mit Somalia sein, was mit den GUS-Staaten, was mit Jugoslawien, was mit der EG? Wenn unter Priorität kein Entweder-Oder zu verstehen sein soll, wenn nur das gemacht werden soll, was jedem Einzelnen zuzumuten ist, soll dann jeder Einzelne das tun, was er sich sel­ber zumutet? Jeder sich selbst der Nächste, und Schuld ist das Fernsehen mit seiner Desinformationsflut? "Hic Rhodus, hic salta"(37) steht am Ende der Enzensbergerschen Prioritätstheorie. "Was geht mich der Vietnam-Krieg an, solange ich Orgasmusschwierigkeiten habe"(38) äußerte 1967 der Kommunarde Dieter Kunzelmann, "ÄRMEL AUFKREMPELN AUFBAUEN ZUPACKEN"(39) sang 1970 F.J. Degenhardt. Die beiden letztgenannten Zitate signalisierten Ablehnung bzw. Ironisierung damaliger Wertvorstellungen, das erstere kann jedoch durchaus in dem Sinne gelesen werden, daß das Heil der Deutschen wieder in der eigenen, niemand anderem als sich selbst verantwortlichen Arbeitskraft zu liegen scheint. "Ich glaube, die Entwicklung rechtsextremer Gruppierungen sei eine Antwort auf eine Vernachlässigung des Nationalen durch uns alle."(40) So gelesen hat man den Eindruck, als ob die gesamte Bundesrepublik seit ihrem Entstehen ein Bollwerk von linkem Gedankengut gewesen wäre, das sich aus Überheblichkeit und Stolz nicht mit den elementaren Bedürfnissen seiner Jugend auseinandergesetzt habe. So wie hier bei Walser, fehlt auch in den meisten anderen Publikationen zum Thema ein Hinweis darauf, daß rechtes bis rechtsextremistisches und nationalsozialistisches Gedankengut nicht plötzlich mit dem Zusammenbruch der DDR vom Himmel gefallen ist, son­dern auf eine lange, ununterbrochene Traditon innerhalb dieser Gesellschaft, nicht nur der bundesdeutschen, sondern auch im übrigen Europa, zurückblicken kann(41). Dieses Ausblenden von historischen Fakten ist nun aber genau eines der prägendsten Merkmale, das man bis­her konservativem Denken zugeschrieben hat(42). Strauß führt ein solches Extrapolieren eines Problems auf eine Metaebene und damit eine ganz ein­deutige Umkehrung eines Sachverhalts geradezu exemparisch vor: "Der Fremde, der Vorüberziehende wird ergriffen und gesteinigt, wenn die Stadt in Aufruhr ist. Der Sündenbock als Opfer der Gründungsgewalt ist jedoch niemals lediglich ein Opfer des Hasses, sondern ebenso ein Geschöpf der Verehrung: Er sammelt den einmütigen Haß aller in sich auf, um die Gemeinschaft davon zu befreien. Er ist ein metabolisches Gefüß" (43). Es läßt sich schwer ein deutlicheres Beispiel dafür finden, mit welchem Sarkasmus das Opfer, in der konkreten Situation die ermordeten Türken, aus seiner Opferrolle in eine abstrakte Märtyrerposition katapultiert wird. Nieder mit den Fakten.

Wer das wahrlich nur als postmodern abtun kann, der versuche das poli­tisch umzusetzen: bei den nächsten Wahlen soll er seine Stimme einer postmodernen Partei geben. Im Alltag spielen die Muster rechts/links nach wie vor eine tragende Rolle, auch wenn es im Feuilleton nicht mehr wahr­genommen wird. Diese drei Texte haben es sich zur Aufgabe gestellt, den Rechtsextremismus zu verurteilen. Die rechten, konservativen Argumentationsmuster dafür liefern sie gleich mit. Die steigenden Arbeitslosenraten in ganz Europa lassen sich damit nicht erklären, ge­schweige denn reduzieren.

 

IV.

"Die Literaturgeschichte ist die große Morgue wo jeder seine Todten auf­sucht, die er liebt und womit er verwandt ist. Wenn ich da unter so vielen unbedeutenden Leichen den Lessing oder den Herder sehe mit ihren erha­benen Menschengesichtern, dann pocht mir das Herz. Wie dürfte ich vor­übergehen, ohne Euch flüchtig die blassen Lippen zu küssen."(44)

 

Verluste werden angemeldet. Früher sei das Leben besser gewesen, Mythen werden wieder ausgegraben. Die Väter Strauß, Walser und Enzensberger schauen mit Weitblick und Erfahrung um sich und sehen das Chaos, die Welt in Bewegung, die Jugend außer Rand und Band. Die Vergangenheit ein globaler Fehler der Linken, zu der sich die drei nicht mehr zählen und sich damit aus der eigenen Vergangenheit recht gemüt­lich verabschieden. Es bleibt anzunehmen, daß Begriffe wie "Traditon", oder ganz einfach auch "Geschichte", "Vergangenheit" mit zu dem Arbeitsinstrumentarium gehören müssen, wenn wir uns mit unserer Gegenwart oder Zukunft beschäftigen. Daß bei Literaten die Geschichte der Literatur dabei eine gewisse Rolle zu spielen hat, kann dann gefordert und erhofft werden, wenn sich dieselben ihrerseits mit dem Erklären und Rechtfertigen der eigenen Positionen beschäftigen. Diese Hoffnung kann man sich sparen. Die paar Namen, die zitiert werden, lesen sich wie das Autorenverzeichnis eines deutschen Lesebuches der 60er Jahre, fast scheint es so, als sehne man sich eine neue Stunde Null herbei.

Reiht man die hier behandelten Titel nach ihrem Erscheinungsdatum im SPIEGEL, ergibt sich ungewollt ein durchaus einleuchtendes Gerüst für ein neues Schauspiel: I.Akt. Anschwellender Bocksgesang. II Akt. Ausblicke auf den Bürgerkrieg. III. Akt. Deutsche Sorgen. Diese deutschen Sorgen sind noch immer Sorgen der Intellektuellen aus den Altbundesländern. Die schon lange nicht mehr überschaubaren Publikationen zum Thema drehen sich um das ständig gleiche Thema: Nation, Einheit, Deutschland, Europa usw.(45). Auseinandersetzung, Trauerarbeit, Vergangenheitsbewältigung, oder wie auch immer all die Termini dafür hießen, mit denen während der letzten drei Jahrzehnte versucht wurde, wenn oft auch sehr hilflos oder einfältig, die eigene Verantwortung an den Verbrechen der Nazi-Diktatur "aufzuarbeiten", findet bei den westdeutschen Intellektuellen kaum statt. Mit der Entdeckung der Stasi als Symbol des absolut Bösen und den dazu­gehörigen Mitarbeitern, auch Schriftsteller, auch Intellektuelle, als dessen ausführende Werkzeuge (z.B. Ch. Wolf, S. Anderson), wurde ein Projektionsfeld geschaffen, das die Sicht nach innen und hinten, also etwas, was die drei vorliegenden Texte zu leisten vorgeben, meistens gründlich verstellt. Die eigene altbundesdeutsche Geschichte mit RAF, Radikalenerlaß, Friedensbewegung usw. braucht dadurch keiner Überprüfung unterzogen werden, Fragen, ob sich westliche Geheimdienste grundsätzlich von den östlichen unterschieden, werden nicht gestellt, der moralischen Verurteilung der ehemaligen DDR-Autoren folgt, weil pauschal, weil ohne wenn und aber, keine Rückbesinnung über die eigene Verantwortung als Intellektuelle. Die Erfahrung, daß etwas Unverhersehbares auch vom Geist in keinster Weise prognostizierbar ist, daß die deutsche Wiedervereinigung am heftigsten jene überrascht hat, die sich am intensivsten mit der deutsch-deutschen Frage beschäftigt haben, daß das linke Weltbild vom Determinismus der Geschichte wie ein Kartenhaus in sich zusammensackte, läßt den Rückgriff auf verstaubte Muster für einen deutschen Nationalstaat zwar erklären, doch kaum rechtfertigen. Walser schreibt zu seinen Reflexionen über eine TV-Diskussion mit Günter Gaus und Klaus Wagenbach, während der er sich von den beiden zu Unrecht attakiert und beschimpft fühlte: "Ohne daß du das wolltest, sind Gaus und Wagenbach ein eher keifendes Komiker-Duo geworden. Waren sie das nicht dort auch, oder wirst du jetzt ungerecht? Aber wieso sollst ausgerechnet du gerecht sein? Du mußt überleben. Dieses Wochenende."(46) Es wird hier eine Abwehrschlacht geschildert, eine gegen aggressive Linksintellektuelle, die, um zu überleben, selbst die Frage nach Recht oder Unrecht außer Kraft setzt. Auch hier: Wertvorstellungen, Erfahrungen, Wissen, Tradition werden ungültig. Entgegen der täglichen Fakten, daß sich die Gewalt von Rechts in den Vordergrund drängt, ortet Walser die Gefahr für seine Person auf der Seite seiner ehemaligen Mitstreiter. Das Dilemma dieser Geschichtslosigkeit auch hinsichtlich der eigenen schöpferischen Energie ist, daß sie kaum auf Widerstand stößt, besser gesagt, nicht auf den Widerstand des primären Konfliktgegners, der Jugend, sondern nur auf, hier aber z.T. vehemente, Kritik aus der eigenen Generation. Die sogenannte deutsche Jugend ist, glaubt man den Umfragen, eher abwartend und beobachtend, vor allem aber verunsichert, was die eigene Zukunft betrifft und daher auch alles an­dere als prinzipiell radikal, rechtsextremistisch, ausländerfeindlich usw.(47).

Unter den Autoren der ehemaligen DDR, sofern sich diese Spaltung über­haupt noch aufrechterhalten läßt, scheint im Gegensatz zur West-Diskussion die Auseinandersetzung um die eigene Verantwortung im DDR-Staat we­sentlich gründlicher, heftiger, erbitterter geführt zu werden(48). Dies mag zwar für die literarische Produktion kurzfristig wenig ergiebig sein(49), und deshalb von den gesamtdeutschen Medien kaum beachtet (es sei denn, es handelt sich um handfeste oder konstruierte Skandale), mittel- und langfristig jedoch wird sich dieses verbissene Fragen und Erklären der ei­genen Geschichte auch ästhetisch lohnen, da man irgendwann den Blick zu­rück wohl wieder ohne allzuviele aufgestapelte Tabus wagen kann.

 

V.

"Worauf wartet ihr?/ Daß die Tauben mit sich reden lassen/ Und daß die Unersättlichen/ Euch etwas abgeben!/ Die Wölfe werden euch nähren, statt euch zu verschlingen!/ Aus Freundlichkeit/ Werden die Tiger euch einla­den/ Ihnen die Zähne zu ziehen!/ Darauf wartet ihr!"(50)

 

Die Texte von Walser, Strauß und Enzensberger stimmen, wie schon er­wähnt, nicht zufällig in den wichtigsten Punkten überein. Daß die Postmoderne nach den herkömmlichen Begriffen "unpolitisch" sei, ist ein Urteil, das sich, offensichtlich auch gegen Vetreter der Postmoderne selbst, hartnäckig hält. Pierre Bourdieu, Jacques Derrida, Paul Virilio zählen zu den prominentesten Unterzeichnern eines "Appell an die Wachsamkeit", der sich gegen eine intellektuelle Restauration in Frankreich richtet(51). Bernard-Henri Levy antwortet auf die Frage nach der Möglichkeit einer Verwischung der Unterschiede zwischen rechts und links: "Das ist gar nicht möglich. Jedesmal, wenn man versucht hat, diese politischen Unterscheidungen einfach aufzuheben, ist in Frankreich etwas zutage ge­treten, was sehr schnell wie Faschismus aussah."(52)

Inmitten und nach den Morden in Mölln und Solingen taucht Ernst Jünger wieder auf. Zuerst zu Ehren gekommen durch den Besuch von Kohl und Mitterand(53), dann durch den Essay "Gestaltwandel. Eine Prognose auf das 21. Jahrhundert" mit welchem der Katalog der Biennale in Venedig einge­leitet wurde. Die ZEIT druckte die deutschsprachige Originalfassung ab, ganzseitig. Unter anderem steht dort geschrieben: "Auch der Weltstaat wird die Gewalt nicht abschaffen, da sie zur Schöpfung gehört. Der Krieg ver­wandelt sich in Polizeiaktionen kleineren und größeren Umfanges. Da die Kernwaffen monopolisiert sind, haben Aufstände keine Aussicht, aber der Terror wird zunehmen."(54) Wie heißt es da gleich noch bei Enzensberger? "Der Urzustand der menschlichen Gesellschaft ist der Kampf"(55), "Der Krieg, einst das simpelste Mittel der Bereicherung, ist zum Verlustgeschäft geworden. Der Kapitalismus hat zur Kenntnis genommen, daß staatlich or­ganisierte Massaker nicht genügend Rendite abwirft(sic!)... Heutige Bürgerkriege entzünden sich spontan, von innen her. Sie brauchen keine auswärtigen Mächte mehr, um zu eskalieren." (56) Der Bilderbogen der großen Ideen vom Bösen und dem bißchen Guten im Menschen läßt sich beliebig aus den Medien lesen. Er ist noch immer im Zunehmen begriffen.

Von der eingangs gestellten Frage nach der Tradition der "linken" Literatur ist nicht viel übriggeblieben. Der Aufstand der Väter gegen sich selbst scheint dafür keine Zeit und keinen Platz zu lassen. Und doch sind alle Beteiligten verpflichtet, sich zu besinnen, zu erinnern, bevor mit großem Getöse ein Ende oder ein Anfang heraufbeschworen werden. Cees Nooteboom schrieb bereits 1990: "Dieses Land zu begreifen wird immer wieder ein Zurückgehen an Schnüren geschriebener Worte sein: Sie ziehen einen in die Vergangenheit, um die Gegenwart zu verdeutlichen. Die Doppelfunktion der Literatur - die der Subversion während und die des Zeugnisses danach." (57)

In diesem Sinne sollen auch die den fünf Absätzen hier vorange-stellten "klassischen" Zitate zu verstehen sein. Sie ließen sich ersetzen durch eine Vielzahl anderer und sind daher nichts anderes als Zeichen. Zeichen dafür, daß Beliebigkeit keine brauchbare Methode und grimmiges Beschwören des Endes keine Botschschaften sind.

 

Anmerkungen

 

(1) Hölderlin, Friedrich: Hyperion. Zweiter Band. Zweites Buch.   (= Sämtliche Werke und Briefe. Erster Band. München 1970. S.741).

(2) Enzensberger, Hans Magnus: Aussichten auf den Bürgerkrieg. Frankfurt/M. 1993. (Ein gekürzter Vorabdruck erschien im SPIEGEL 25 vom 21. Juni 1993. Die folgenden Zitatangaben beziehen sich auf die Buchveröffentlichung).

(3) Enzensberger S.9.

(4) Goethe, Johann Wolfgang v.: "Das Göttliche. I. Strophe".     (= Sämtliche Werke. Münchner Ausgabe. Bd.2.1. München-Wien 1987. S.90).

(5) Engels, Friedrich: Anteil der Arbeit an der Menschwerdung des Affen. (= Marx/Engels: Über Kunst und Literatur. Erster Band. Berlin 1967. S.128).

(6) Derartige deterministische, simplifizierende Übertragungen von Ergebnissen der Verhaltensforschung auf menschliche Gesellschaften hat vor allem der Konrad Lorenz-Schüler Irenäus Eibl-Eiblsfeld ("Die Biologie des menschlichen Verhaltens", "Krieg und Frieden aus der Sicht der Verhaltensforschung" u.a.m) in den 70er und 80er Jahren mehrfach vertre­ten, was z.T. zu heftigen Protesten aus den verschiedensten Lagern führte.

(7) Enzensberger S.22.

(8) ebda. S.37.

(9) Botho Strauß zum selben Thema: "Die Gesellschaft ist schuld! Die Erziehung hat versagt! hört man sie ungerührt rufen im alten Stil, die Moderatoren." (= Anschwellender Bocksgesang. DER SPIEGEL 6 vom 8. Februar 1993. S.204).

(10) Wim Wenders "In weiter Ferne, so nah" wurde beim Filmfestival von Cannes 1993 zwar von der Jury mit dem großen Spezialpreis ausgezeichnet, erntete jedoch in der Presse durchwegs nur negative Kritiken. Siehe dazu auch DIE ZEIT 22 vom 28. Mai 1993. S.51: "So weit, so fern, so nah - vorbei" von Andreas Kilb.

(11) Walser, Martin: "Deutsche Sorgen". DER SPIEGEL 26 vom 28. Juni 1993. S.43.

(12) Die National-Zeitung, die Republikanische Partei, die DVU usw. sind ja nun alles keine Jugendorganisationen und können auf eine lange Tradition zurückblicken. Vgl. dazu auch: "Neokonservative und 'Neue Rechte'. Der Angriff gegen Sozialstaat und liberale Demo-kratie in den Vereinigren Staaten, Westeuropa und der Bundesrepublik." Hrsg. v. I. Fetscher. München 1983.

(13) Thomas Assheuer: "Abschied zu Lebzeiten. Momentaufnahmen deut­scher Intelligenz oder: Nachrichten aus dem Club der Geläuterten". Franfurter Rundschau vom 2. Oktober 1993. S.ZB 2.

(14) Hartung, Klaus: "Der Untergang der Jugend." DIE ZEIT 38 vom 17. September 1993. S.62.

(15) Enzensberger: S.16.

(16) Nach den mir zur Verfügung stehenden Daten bewegt sich dieser Prozentsatz jedoch zwischen 0,2% - 0,3%. Das sind also ein paar Hundert % mehr an Ausgaben, als Enzensberger angibt (= Aktuell 92. Das Lexikon der Gegenwart. Dortmund 1991. S.340f).

(17) Aktuell 92. ebda. S.340.

(18) Stauß S.204.

(19) Walser S.45.

(20) Büchner, Georg: "Alte Esel, jämmerlich". Zwei politische Briefe des Exilanten Georg Büchner. DER SPIEGEL 36 vom 6. September 1993. S.198f.

(21) Enzensberger S.20f.

(22) Strauß S.207.

(23) Walser S.43.

(24) Enzensberger S.76.

(25) Günter Grass dazu: "... aber mit Sorge sehe ich, wie Sie (R. Augstein) Ihr Produkt, dieses unverzichtbare Stück demokratischer Streitkultur, 'Der Spiegel', auf regierungsamtliche Linie, das heißt, in Einklang mit 'FAZ' und 'Bild'-Zeitung bringen. Soll so die deutsche Einheit aussehen?" (= "Gegen die verstreichende Zeit. Reden, Aufsätze und Gespräche 1989-1991." Hamburg 1991. S.75).

(26) Fukuyma, Francis: "The End of History and the Last Man". New York 1992.

(27) Vgl. dazu z.B. Meyer, Martin: "Ende der Geschichte?" München-Wien 1993.

(28) Enzensberger S.91ff.

(29) Strauß S.203.

(30) Walser S.47.

(31) Tucholsky, Kurt: "Kirchhofsmauer".(= Panther, Tiger & Co. Reinbeck bei Hamburg 1954. S.225).

(32) Meyer, Martin (Hrsg.): "Intellektuellendämmerung? Beiträge zur neuesten Zeit des Geistes." München-Wien 1992.

(33) Mattenklott, Gert: "Botschaften aus Retrograd. Aspekte der intellek­tuellen Situation." (= "Intellektuellendämmerung?" ebda. S.96).

(34) Renan, Ernest: "Was ist eine Nation? Vortrag in der Sorbonne am 11. März 1882." (= "Grenzfälle. Über alten und neuen Nationalismus." Hrsg. v. M. Jeismann u. H. Ritter. Leipzig 1993. S.290-311).

(35) Enzensberger S.90f.

(36) ebda. S.86f.

(37) ebda. S.91. Obwohl Enzensberger behauptet, daß man für dieses Zitat kein Latein verstehen muß, habe ich es trotzdem nicht verstanden und nachgeschaut. "Hier ist Rhodus, hier springe". Zu Deutsch: "Laß sehen was du kannst!" oder "Ruhm will Beweise haben".

(38) Dieter Kunzelmann hatte zusammen mit Fritz Teufel und Rainer Langhans 1967 die "Kommune 1" in Berlin gegründet. (= Baier L. u.a.: "Die Früchte der Revolte. Über die Veränderung der politischen Kultur durch die Studentenbewegung". Berlin 1988. S.55).

(39) Degenhardt, Franz Josef: vatis argumente. In: Im Jahr der Schweine. 27 Lieder mit Noten. Hamburg 1970. S. 37-42.

(40) Walser S.43.

(41) Allein die politische Rolle von Franz Josef Strauß kann als gutes Beispiel für eine seit Kriegsende immer anwesende und mächtige Rechte, nicht nur innerhalb Bayerns, angesehen werden. Daß eine ganze Reihe von rechtsextremen Organisationen erst nach den Morden von Mölln und Solingen und nach massivem Druck der Öffentlichkeit von den zuständigen Behörden verboten wurden, ist ja ebenfalls ein Zeichen dafür, daß es sie bereits vorher gegeben haben muß. Die These von den desorientierten, nicht organisierten Einzeltätern bei den Übergriffen auf Ausländer, wurde dann auch in den Medien schnellstens revidiert.

(42) "Konservativ: am Hergebrachten, Überlieferten orientierte Einstellung". Duden. Deutsches Universal Wörterbuch A-Z. Mannheim-Wien-Zürich 1989.

(43) Strauß S.205.

(44) Heine, Heinrich: "Die Romantische Schule. Erstes Buch". Düsseldorfer Ausgabe. Sämtliche Werke 8/I. Hamburg 1979. S.135f.

(45) Eine sehr umfangreiche Liste von Publikationen zum Thema ist zu fin­den bei: Krockow, Christian Graf von: "Die Deutschen vor ihrer Zukunft." Berlin 1993. S.139-152.

(46) Walser S.40.

(47) Shell-Jugend Report.

(48) Interessante Auseinandersetzungen ehemaliger Ost-Intellektueller gibt es eine ganze Reihe, z. B.: "Machtspiele. Literatur und Staatssicherheit im Fokus Prenzlauer Berg". Hrsg. v. P. Böthig u. K. Michael. Leipzig 1993.

(49) Obwohl auch hier bereits erste Anzeichen einer "fruchtbaren" Diskussion vorhanden zu sein scheinen. Der Roman "Ich" von Wolfgang Hilbig widmet sich dieser Thematik und ist wohl als eine der wenigen wichtigen Neuerscheinungen in diesem Herbst von der Kritik durchwegs positiv aufgenommen worden.

(50) Brecht, Bertolt: "Die Hoffenden". Große kommentierte Berliner und Frankfurter Ausgabe. Gedichte 4. Berlin-Weimar-Frankfurt/M. 1993. S.170.

(51) Radisch, Iris: "Nicht gesellschaftsfähig" und "Gespräch mit Bernard-Henri Levy". DIE ZEIT 32 vom 6. August 1993. S.35f.

(52) ebda.

(53) Kohl und Mitterrand besuchten Ernst Jünger am 20. Juli 1993 in sei­nem Wohnort Wilfingen, was von den Medien mit einiger Verwunderung aufgenommen wurde. Siehe dazu: "Auch ein Gipfeltreffen?" Fachdienst Germanistik. Nr. 9. September 1993. S.2.

(54) Jünger, Ernst: "Gestaltwandel. Eine Prognose auf das 21. Jahrhundert." DIE ZEIT 29 vom 17. Juli 1993. S.36.

(55) Enzensberger S.45.

(56) Enzensberger S.15f.

(57) Nooteboom, Cees: "Berliner Notizen." Frankfurt/M. 1991. S.316.

 

In: The Proceedings of the Department of Foreign Languages and Literatures. College of Arts and Sciences. University of Tokyo. Vol. XLI, No. 1. Tokyo 1994. S. 96-113.